Gesundheitsministerium

Offener Brief an neue bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach

Pressemitteilung

 

Neu bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach: Verpflichtung aus dem Koalitionsvertrag 2023 - offener Widerstand zu Lauterbachs Krankenhausreform

Himmelkron, 08.11.2023

 

 

In einem persönlichen Schreiben hat die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern der neuen Bayerische Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, Judith Gerlach, herzlich zu ihrem neuen Amt gratuliert und dazu eine glückliche Hand gewünscht.

 

Für die Sicherstellung einer flächendeckenden klinischen Versorgung in Bayern werden große Herausforderungen auf die neue Ministerin zukommen: 

 

Koalitionsvertrag

 

Am Donnerstag, 26.10.2023 wurde der Koalitionsvertrag der Bayerischen Staatsregierung zwischen CSU und Freien Wählern unterzeichnet.   Die Aktionsgruppe habe in einer ersten Stellungnahme die Erhöhung der jährlichen Investitionsfinanzierung von bisher 643 Mio. Euro auf jährlich 1 Mrd. Euro und sowie das jährliche Förderprogramm für kleine Krankenhäuser im Umfang von 100 Mio. ausdrücklich begrüßt.   Es gehe nun darum, beide Vorhaben im Haushalt 2024 zeitnah umzusetzen, um so bayerische von Insolvenz bedrohte Krankenhäuser vor einer unkontrollierten Schließung zu  bewahren. Dies decke sich auch mit den Forderungen der bayerischen Petition „Die Krankenhausversorgung in Bayern ist gefährdet – Nein zu Lauterbachs Krankenhausreform“, die wir am 12.09.2023 dem Gesundheitsausschuss im Bayerischen Landtag zur weiteren Beratung in der neuen Legislaturperiode übergeben haben. 

 

Klinische Versorgungslage in Bayern

 

In dem Schreiben verweist die Aktionsgruppe darauf: Bereits heute verfügen 115 bayerische Postleitzahlregionen über kein Allgemeinkrankenhaus, das die dortigen EinwohnerInnen binnen  30 Fahrzeitminuten erreichen können. Dies könne bei eskalierendem Krankheitsverlauf bzw. traumatischen Unfallverletzungen lebensentscheidend sein.   Sollte sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbachs geplante Krankenhausreform mit restriktiven Leistungsgruppen und sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen (Level 1i) gegenüber dem Einspruch etlicher Bundesländer durchsetzen, werde sich die klinische Versorgungslage in Bayern signifikant verschlechtern.

 

Krankenhausreform und Krankenhausfinanzierung

 

Die größere Herausforderung werde laut der Aktionsgruppe eine ausreichende Finanzierung bayerischer Krankenhäuser sein, um die stetig steigenden Insolvenzen  zu verhindern. Hier liege die Kernverantwortung beim Bund bzw. bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.

 

Mit dem im Bundestag verabschiedeten Krankenhaustransparenzgesetz und dem daraus resultierenden Transparenzregister denunziere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kleine ländliche Krankenhäuser. Durch Konzentration auf Strukturqualität und Vernachlässigung der Ergebnisqualität werde kleinen Krankenhäusern mit begrenztem Leistungsangebot entgegen nachweisbarer Studien per Definition "schlechte Qualität" unterstellt. Dies gefährde in großem Umfang die Existenz ländlicher Krankenhäuser in Deutschland und speziell in Bayern.

 

Der Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes verweigere den überwiegend defizitären deutschen Krankenhäusern zusätzliche Finanzmittel und fördere damit den "kalten Strukturwandel". Leistungsgruppen werden durch strenge Qualitätsvorgaben kleinen ländlichen Krankenhäusern viele Leistungsangebote entziehen. Sektorenübergreifende Versorgungszentren unter pflegerischer statt ärztlicher Leitung mit nur gelegentlicher ärztlichen Anwesenheit und ohne Notfallversorgung sollen Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung in großem Umfang ersetzen.

 

Dies stelle  die flächendeckende klinische Versorgung in

Bayern grundsätzlich in Frage.

 

Die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern habe sowohl das verabschiedete Krankenhaustransparenzgesetz in ihrer Projektstudie „Bewertung des Gesetzes zur Förderung der Qualität der stationären Versorgung durch Transparenz“ als auch das geplante  Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz in ihrer Projektstudie „Zukunft der Krankenhäuser, Auswirkungsanalyse zum Krankenhausversorgungsverbesserungs-gesetz – KHVVG (Stand 27.09.2023)“ ausführlich bewertet und die Folgen für Deutschland bzw. für Bayern dargestellt.   Beide Studien wurden der Bayerische Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, Judith Gerlach übermittelt.

Die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern bittet Gesundheitsministerin Judith Gerlach  ausdrücklich, alle Möglichkeiten im Bundesrat und ggf. auch verfassungsrechtlich auszuschöpfen, um beide Gesetzesvorhaben in aktueller Form zu stoppen. 

 

Wer sich – wie der Vorgänger im Amt, Klaus Holetschek – gegen Lauterbachs Gesundheitsreform positioniere, benötige alternative Konzepte. Mit dem Finanzierungsmodell „Selbstkostendeckung der Krankenhäuser“   habe die Aktionsgruppe gemeinsam mit dem Bündnis Klinikrettung eine echte Alternative zur aktuellen Krankenhausfinanzierung aufgezeigt, die unkontrolliertes Kliniksterben verhindere. Gleichzeitig entlaste es das oft unzureichende Klinikpersonal von zeitraubenden Kodierungs- bzw. Dokumentationsaufgaben. Ohne Zusatzkosten könnten in Bayern 26.400 klinische MitarbeiterInnen bzw. 19.600 klinische Vollzeitkräfte von Computeraufgaben entlastet und der unmittelbaren Patientenbehandlung zugeführt werden. Dies müsse auch im Interesse von Gesundheitsministerin Judith Gerlach sein. 

 

Die Aktionsgruppe fordert die neue bayerische Gesundheitsministerin auf: „Machen Sie sich gegenüber Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach stark für die Abschaffung der DRG-Fallpauschalen und einen ressourcenschonenden Einsatz klinischen Personals dort, wo es benötigt wird, direkt am Patienten.“

Hintergrund zur geplanten Krankenhausreform

 

Zum Krankenhaustransparenzgesetz

 

• Das Krankenhaustransparenzgesetz zeigt den PatientInnen auf ,welche Leistungen das jeweilige Krankenhaus erbringt.

• Es zeigt nicht auf, mit welcher Qualität das Krankenhaus die Leistung erbringt.

• Es steuert, wie erwartet die PatientInnen dahingehend, sich primär für große Krankenhäuser mit umfassenden Leistungsangeboten – unabhängig von der Qualität der Leistungserbringung - zu entscheiden.

• Es fördert damit ein im Gesetzesentwurf unausgesprochenes Ziel, nämlich die Konzentration von Klinikstandorten und Klinikleistungen.

• Es bürdet den Krankenhäusern hohe Berichtsaufwände auf, indem diese durch Verteilungsschlüssel klinisches Personal einer Fachabteilung künstlich auf mehrere Leistungsgruppen verteilen müssen, und dies vierteljährlich statt üblicherweise jährlich.

• Es führt PatientInnen in die Irre, indem es Qualität unabhängig von Ergebnissen der klinischen Behandlung allein auf Basis von Strukturqualität auszeichnet. 

 

Die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern lehnt das Krankenhaustransparenzgesetz in der aktuellen Ausgestaltung ab.

 

Zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz

 

• Es stellt kein neues Geld für finanziell angeschlagenen Krankenhäuser bereit.

• Es verteilt den Geldmangel nur um: von kleinen Krankenhäusern zu Großkliniken.

• Es konzentriert Klinikstandorte und limitiertes Klinikpersonal in Ballungszentren.

• Es macht den ländlichen Raum zur Gesundheitsregion 2. Klasse mit großen Entfernungen zum nächsten Krankenhaus und zur stationären Notfallversorgung.

• Es gefährdet die Gesundheit.

 

 

1BR24, CSU und Freie Wähler besiegeln erneute Koalition, https://www.br.de/nachrichten/bayern/csu-und-freie-waehler-besiegeln-erneute-koalition,Tth9TTO

 

2Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, Bayernwahl 2023, https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/bayernwahl-2023/

 

3Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, Übergabe der Petition im Bayerischen Landtag, https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/aktionen/%C3%BCbergabe-der-petition-iin-bayerischen-landtag/

 

4Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, Klinische Unterversorgung in Bayern, https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/unterversorgung/

 

5Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, Broschüren, https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/brosch%C3%BCren/

 

6Bündnis Klinikrettung, Selbstkostendeckung der Krankenhäuser, https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/11/2022-10_Studie_Selbstkostendeckung_Buendnis_Klinikrettung.pdf

 

7Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, Zukunft der Krankenhäuser, Auswirkungsanalyse zum Krankenhausversorgungsverbesserungs-gesetz – KHVVG (Stand 27.09.2023), https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/app/download/14755925232/Zukunft+deutscher+Krankenh%C3%A4user+-+Auswirkungsanalye+zum+Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz+%E2%80%93+KHVVG.pdf?t=1698822338


Mit freundlichen Grüßen

1BR24, CSU und Freie Wähler besiegeln erneute Koalition, https://www.br.de/nachrichten/bayern/csu-und-freie-waehler-besiegeln-erneute-koalition,Tth9TTO

2Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, Bayernwahl 2023, https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/bayernwahl-2023/

3Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, Übergabe der Petition im Bayerischen Landtag, https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/aktionen/%C3%BCbergabe-der-petition-iin-bayerischen-landtag/

4Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, Klinische Unterversorgung in Bayern, https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/unterversorgung/

5Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, Broschüren, https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/brosch%C3%BCren/

6Bündnis Klinikrettung, Selbstkostendeckung der Krankenhäuser, https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2022/11/2022-10_Studie_Selbstkostendeckung_Buendnis_Klinikrettung.pdf

7Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern, Zukunft der Krankenhäuser, Auswirkungsanalyse zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz – KHVVG (Stand 27.09.2023), https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/app/download/14755925232/Zukunft+deutscher+Krankenh%C3%A4user+-+Auswirkungsanalye+zum+Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz+%E2%80%93+KHVVG.pdf?t=1698822338